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Zu Papier gebracht

Bilder nur am Monitor zu betrachten, ist auf Dauer nicht befriedigend. Man möchte einen Abzug in die Hand nehmen, das Werk ­gedruckt sehen. Doch der Weg von der Datei zum Print steckt voller Hindernisse ? nicht erst, seit wir digital drucken.

Bilder nur am Monitor zu betrachten, ist auf Dauer nicht befriedigend. Man möchte einen Abzug in die Hand nehmen, das Werk gedruckt sehen. Doch der Weg von der Datei zum Print steckt voller Hindernisse ? nicht erst, seit wir digital drucken.
Seit meiner Jugend habe ich viel Zeit in dunklen Kammern verbracht. Diese Aufenthalte entsprangen nicht in erster Linie meiner Begeisterung für Chemikalien, schlechte Luft oder dem Wunsch nach Einsamkeit. Sie waren notwendig, um das, was ich auf meinen Fotostreifzügen der Natur oder meinen Mitmenschen an Eindrücken abgetrotzt hatte, wieder sichtbar zu machen.
Damals gab es drei Varianten, um vom belichteten Negativ zu einem Bild zu kommen: Man gab die Bilder in ein Großlabor und sah großzügig über die bisweilen hundsmiserable Qualität hinweg. Wer auf dem Auge nicht blind war, ließ Handabzüge fertigen, die mit dem zehn- bis fünfzehnfachen Preis zu Buche schlugen.
Die dritte Alternative war die günstigste und interessanteste ? sofern man auf Farb­fotos verzichten konnte: das eigene Schwarzweißlabor. Nach den ersten Erfahrungen verschwand es entweder ganz schnell wieder in der Abstellkammer oder es entwickelte sich zum zeit- und schlafraubenden Freizeit­fresser. Dann konnte es auch passieren, dass man sich auf das noch viel größere Abenteuer des eigenen Farbabzugs einließ, was die Freizeitkontingente auf ein absolutes Minimum einschränkte, bis die ersten halbwegs farbrichtigen Abzüge entstanden.       
Blendet man die Verklärung an die gute alte Zeit aus, war es im Grunde eine nerv­raubende Erfahrung, voll von Frustrationen und nur selten belohnt mit einem wirklich guten Print. Was für eine Freude empfand ich, als man Bilder ab den 90er Jahren in der hellen Kammer am Computer bearbeiten konnte. Leider blieben sie aber zunächst auch im PC gefangen. Da echte Fotodrucker noch nicht erfunden waren ? ich erinnere mich mit Grausen an meinen ersten farbigen Desktop-Inkjet ? führte der Weg zur Fotobelichtung über ein Zwischendia. Man ging mit einer 44-MB-Syquest Cartridge zum Dienstleister, der belichtete die Daten (sofern er sie öffnen und verarbeiten konnte) mit seltsamen Gerätschaften auf Kleinbildfilm und schickte ein paar Tage später die Belichtungen per Post. Davon konnte man dann wieder im Großlabor kostengünstige Prints anfertigen, die farblich dem durchaus ähnlich waren, was man auf dem Monitor gesehen hatte. Farbmanagement, das den Namen verdient hätte, gab es noch nicht. 
Bis der digitale Ausdruck es ernsthaft mit dem fotografischen Abzug aufnehmen konnte, sollten noch einmal rund zehn Jahre ins Land streichen. Noch in einer der ersten DOCMA-Ausgaben im Jahr 2003 brachten wir einen Test über die Haltbarkeit von Tinten­drucken ? mit beschämendem Ergebnis. Damals sah der Druck selbst zwar schon wie ein echtes Foto aus, doch verblichen die Farben binnen Wochen. Heute halten sie ein Leben lang, ein Ausdruck ist angeblich so gut wie ein hochwertiger Abzug auf Fotopapier. Ob das wirklich stimmt, werden unsere Enkel beurteilen müssen.
Der Unterschied zum Abzug besteht für den einstmaligen Laborwerker nun darin, dass man mit einem eigenen Tintenstrahldrucker im Prinzip Ausdrucke herstellen kann, die wirklich zu 100 % den eigenen Vorstellungen entsprechen. Dafür tragen neben bis zu zwölf Tinten auch die Verbreitung von Farbmessgeräten Sorge und nicht zuletzt unsere über die Jahre erworbene Photoshop-Kompetenz. Ohne dieses Zusammenspiel nützt auch der beste Drucker wenig. Wenn jemand sein Gerät beherrscht, braucht er nicht das allerneueste Modell, um hervorragende Ergebnisse zu Papier zu bringen. Wer dagegen neu einsteigt, muss viel Zeit und Material einsetzen, bis er wirklich kontrollieren kann, was herauskommt. Aber das ist nichts Neues, das kennen wir schon aus dem Labor. Nur war damals alles viel ­teurer, zeitintensiver und weniger exakt zu steuern.
Wer sich dem Kampf mit dem Drucker nicht stellen will, geht besser ins Großlabor. Die kleinen Fachlabore gibt es kaum noch. Dank Farbmanagement und Sichtkontrolle am Monitor bekommt man hier auch sehr gute Qualität. Sollte man zumindest meinen. Kürzlich orderte ich ein paar große Prints in einem Fotolabor, weil es günstiger war, als die Bilder selbst zu drucken. Ich fragte ganz naiv, mit welchen Farbprofilen sie dort arbeiten, und bekam eine interessante Antwort: Wenn ich auf farbverbindliche Ergebnisse Wert legte, also Daten mit Farbprofil anlieferte, müsste ich den Preis für einen Fachabzug bezahlen ? sprich: das zehnfache. Ganz plötzlich wird so das Selberdrucken wieder günstiger. Und im Grunde ist es ja auch viel ­interessanter. Munter bleiben!

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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