Blog

Undercover ermittelt: 12 Erfolgsregeln für Model-Fotografen

Unser Autor Tilo Gockel war zwei Jahre undercover als „Gallo“ in der Modelkartei (MK) unterwegs und hat dort herausgefunden, wie man als Fotograf erfolgreich wird. Hier ist sein Bericht:


Nach zwei Jahren intensiver Spürarbeit als Maulwurf in der Model-Kartei werden die einfachen Erfolgsregeln nun aufgedeckt – im GALLO-REPORT! Du willst Profi in der Fashion-Fotografie werden? Nichts einfacher als das, dafu?r gibt es in der Model-Kartei zwölf feste Regeln, dann klappt das ganz von selbst!

1. Technik
Du beherrscht durch fleißiges Üben die Kamera- und Studiotechnik aus dem FF … nach außen hin interessiert Dich aber die Technik u?berhaupt nicht, weil Du ein "Kreativer" bist. Wenn Dich jemand beim Shooting nach den Kameraeinstellungen fragt, dann sagst Du: "Du, keine Ahnung, was da eingestellt ist, muss halt gut aussehen!". Wenn Dich jemand nach dem Equipment fragt, dann nebelst Du: "Puuh, die Linse da, keine Ahnung, was die fu?r eine Brennweite hat oder so, hat mir der xy empfohlen, seitdem hab ich die drauf. Macht halt Bilder, das reicht mir! Meine Bilder entstehen eh im Kopf!"
2. Namen
Du darfst Dir von Models und Visas nie die Namen merken. Wenn versehentlich einer hängenbleibt, dann sprich ihn falsch aus: Sabsi wird Susi. Vanessa wird Verena. Die Mädels mu?ssen stets erkennen, welch geringen Stellenwert sie haben.
3. Raw-Fotos
Du zeigst niemals (!!) unbearbeitete Bilder und gibst niemals (!!) Roh-Material raus! Sonst könnten die anderen auf die Idee kommen, dass die Strahlkraft Deiner Fotos nur Photoshop zu verdanken ist …: "Was? Raw? Du, nutze ich gar nicht, ich shoote nur in JPEG, damits nachher schneller geht. Weißt ja, fu?r uns Profis ist Zeit Geld!"
4. Honorare
Du wirst leider zumindest anfangs Visas bezahlen mu?ssen, darfst das aber nie zugeben: "Was?? Visakosten? Du sorry, das hatte ich noch nie, die Mädels sind froh, von mir gute Fotos fu?rs Portfolio zu bekommen". Wenn es rauskommt, weil die Visa direkt neben Dir steht, dann sag: "Klar, da hab ich ihr das Benzin bezahlt und noch ein bisschen drauf, sie ist ja noch in der Ausbildung – bin ja kein Unmensch." Es muss dann aber klar werden, dass das Goodwill war.
5. Bildbearbeitung
Du beherrschst durch fleißiges Üben und aus den einschlägigen Bu?chern und DVDs auch Photoshop aus dem FF und verfu?gst u?ber ein breites Spektrum an Plug-ins wie Portraiture, Nik (alle Module) und Radlab. Auf die Ergebnisse angesprochen, sagst Du aber: "Photoshop? Du, sorry, hab ich gar nicht, ich hab nur so eine alte Lightroom- Version, LR5 glaub ich, Raubkopie aus Russland – aber die nutze ich kaum. Ich schau, dass die Bilder direkt in der Kam super werden! Hab als Profi auch keine Zeit, da lang rumzubasteln …!"
6. Keine Ahnung von Bildbearbeitung?
Hm, schade, Du beherrschst leider keine Bildbearbeitung. Kein Beinbruch, Du lässt fremdbearbeiten. Das darf auch anfangs fu?r die Sedcard ruhig etwas kosten, das muss nur gut aussehen. Wichtig aber: Das darf nicht rauskommen! Entsprechend darfst Du auch nie den Bearbeiter nennen. Zur Sicherheit verschiebst Du danach noch selbst ein, zwei Pixel, machst einen Kondolenzrahmen ums Bild und Dein Logo rein, ab dann bist natu?rlich sowieso Du der Bearbeiter.
7. TFP
Du bist noch kein Profi, und machst daher notgedrungen TFP, und Topmodels musst
Du sogar manchmal zahlen. Auf Deiner Sedcard in der Model-Kartei muss aber oben
stehen:
"+++ kein TFP +++ kein TFP +++ kein TFP +++ kein TFP +++ kein TFP +++ kein TFP"
Unten bei Preisen sollte stehen:
"TFP nur in absoluten Ausnahmefällen, und nur WENN ICH DICH ANSCHREIBE!!!"
Wichtig ist der Fettdruck. Die Anzahl der Ausrufezeichen kann nach oben abweichen, farbige Gestaltung ist erlaubt und auch sinnvoll.
8. Credits
Du verlinkst grundsätzlich nie die am Shooting beteiligten Leute, sonst könnte ein gewisses Maß Deines Ruhmes an sie abfließen und/oder andere könnten Dir gute Models und Visas wegschnappen. Du nennst daher keine Visa, keine Models und auch keine anderen beteiligten Fotografen (auch wenn sie die Idee fu?rs Shooting hatten und das Licht gestellt haben). Ausnahme: Du nennst diese als "Assistent". Im Bild darfst Du die Leute zwar nennen, um der Arbeit mehr Gewicht zu verleihen, aber dann möglichst so, dass man sie nicht auffinden kann. Wichtig aber: Dich natu?rlich immer am größten, mitsamt großem Logo und fetter Verlinkung zu Deiner Portfolio-Sedcard im Web.
9. Bildideen
Du studierst eifrig die Portfolios der renommierten Fotografen, schaust Germanys Next Topmodel, holst Dir dort viele Ideen von Rankin und Konsorten, aber darauf angesprochen reagierst Du: "Wer?? Kristian Schwuller? Nie gehört … – Du sorry, aber mich interessiert echt nicht, was die Knipser da so machen – hab bei den vielen Aufträgen auch gar keine Zeit, um andere Fotos anzuschauen."
10. Zeitfragen
Du hast nie Zeit, bist immer auf dem Sprung und immer kurz vorm MK-Absprung, hier ein paar Sätze zum Einprägen: "Du, sorry, ich kenn Dich zwar seit dem Sandkasten, aber ich kann Deine Hochzeit nicht shooten, weil ich fu?r die zwei Agenturen die letzten fu?nf Shootings bearbeiten muss." Oder: "Ich bin eh bald raus hier aus der MK, nur noch Hobbymodels und -knipser hier, geht gar nicht! Findest mich vielleicht noch auf Model Mayhem, sonst auf der Agenturseite."
11. Mobiles Licht
Du leihst Dir manchmal einen Hensel Porty (fu?r den Anfang ist Dir die Anschaffung verständlicherweise zu teuer), sagst aber nicht, dass er geliehen ist. Wenn er nächstes Mal fehlt, dann ist er "eh uncool", "gerade im Service", oder "vergessen", und Dir kommt es eh "eher auf die Qualität des Lichts an, nicht auf die Power …" – und "das erreichst Du auch mit so Chinesenblitzen"! (nie Marken nennen, die sind Schall und Rauch fu?r Dich, die vergisst Du sofort – wenn, dann falsch aussprechen). Wichtig ist aber, dass der Hensel Porty irgendwo auf der Sedcard zu sehen ist, selbst die Models kennen sich da mittlerweile aus!
12. Selbstdarstellung
Du hast kein Foto von Dir in der Sedcard (das hast Du nicht nötig), sondern irgendein Model oder eine Comic-Figur. Auch Dein bu?rgerlicher Name taucht nirgendwo auf, stattdessen hast Du a) ein völlig u?bersteigertes Pseudonym (TOPSHOTS, TOPMODELS, FUTURE FASHION) oder b) ein provokantes Alter Ego (SCHLECHT UND PREISWERT)oder c) wenigstens was schickes englisches, italienisches oder fanzösisches (GALLO, STEVE SPEED, KEVIN BOLLYWOOD, LA NUIT NOIRE, LAMARO JIOR …).

So, mit den paar Regeln kommst Du schon sehr weit und kannst Dir Deinen Nimbus nach und nach gezielt aufbauen! Sorry auch, ich muss jetzt echt zu?gig hier zum Ende kommen und dann noch die letzten Agentur-Shoots fertig bearbeiten, das geht vor!! Ihr wisst, fu?r mich als Profi ist Zeit Geld!!!!

In diesem Sinne, Euer Nestbeschmutzer
GALLO

Der Autor
Tilo Gockel, Deckname GALLO, schreibt regelmäßig seit 2009 für DOCMA als Fachautor und hat mehrere Bücher publiziert. Bilder und andere Berichte von ihm gibt es auf seiner Webseite www.fotopraxis.net

Zeig mehr

Ähnliche Artikel

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Das könnte Dich interessieren
Close
Back to top button