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Staubfrei

Sensorreinigung ist die Strafe ­schlechthin für den ­digitalisierten ­Fotografen. ­Erfahrungen aus den Tiefen des ­Kameragehäuses ­von Christoph Künne.

Sensorreinigung ist die Strafe ­schlechthin für den digitalisierten Fotografen.
­Erfahrungen aus den Tiefen des Kameragehäuses.

Wenn sich die ersten Staubkörner auf dem Kamerasensor häuslich niederlassen, sind sie fast unsichtbar. Sie verstecken sich in dunklen Motivteilen oder im Dickicht komplexer Muster und Strukturen. Zum Vorschein kommen sie erst, sobald dem Bild bei der Entwicklung Gewalt gentan wird. Etwa, indem man die Belichtung mit brachialer Photoshop-Gewalt den eigenen Vorstellungen anpasst.
Doch einmal vorhanden, wachsen die unförmigen Flecken in kürzester Zeit. Nicht nur zu immer größeren schwarzen Punkten, sie mehren sich außerdem: Staub zieht Feuchtigkeit an und Feuchtigkeit bindet Staub. Mit der Zeit werden so aus kleinen Staubkörnchen sichtbare schwarze Flecken. Auf den Sensor gelangen die Staubpartikel in erster Linie beim Objektivwechsel, wenn das Innenleben der Kamera für Sekunden dem Luftschmutz seiner Umwelt schutzlos ausgeliefert wird. Bei älteren Geräten und solchen mit minderwertiger Komponentenqualität entwickelt sich auch Staub ohne Öffnung des Gehäuses. Zum Beispiel reibt sich der Verschluss mit der Zeit ab oder das Ein- und Ausfahren der Zoom-Linse produziert Abrieb. Eine zeitlang kann man sich damit behelfen, die Staubflecken manuell wegzustempeln. Treten sie in größerer Zahl auf, hilft das Eleminieren gleich beim Import via Camera Raw oder Lightroom im Batchmodus. Das funktioniert recht gut, solange die Spots klein sind sowie auf monochromen Bildteilen und nicht an Kontrastkanten ­liegen.
Spätestens, wenn die Staubentfernung zeitlich einen Großteil der Nachbearbeitung in Anspruch nimmt, entsteht ernster Handlungsbedarf. Besitzer von Kompaktkameras haben nur wenig Chancen, dem Problem zu Leibe zu rücken. Da sie das Objektiv nicht entfernen können, bleiben ihnen nur tendenziell esoterische Methoden zur Entstaubung: Dazu zählt, Druckluft aus der Sprühdose durch die Gehäuseschlitze zu jagen, in der Hoffnung die Verwirbelungen würden den Staub zumindest an eine andere, weniger störende Stelle umverteilen. Alternativ versucht auch mancher Verzweifelte, die Kamera mit ausgefahrenem Zoom in ein Staubsaugerrohr zu stecken und die mit mehreren tausend Watt befeuerten Zugwinde zur Lösung dieses Problems einzusetzen.
Mit einer digitalen Spiegelreflexkamera ist das natürlich einfacher. So wie der Staub hineinkommt, lässt er sich auch wieder entfernen: Durch die Wechselobjektivöffnung des Kameragehäuses. Nach dem Arretieren des Spiegels per Menübefehl steht der Reinigungswillige vor dem nächsten Problem. Wie soll er reinigen? Zu den zuvor angesprochenen Methoden Blasen und Saugen gesellt sich die des Abwischens ? wahlweise trocken oder feucht.
Empfindlichere Naturen ziehen hier den Einsatz eines statisch geladenen Pinsels vor, um die Oberfläche des Sensors bei der Reinigung möglichst unberührt zu lassen. Schließlich ist so ein Sensor empfindlich. Die Wahl der geeigneten Methode hat unmittelbar mit der eigenen Einschätzung dieser Empfindlichkeit zu tun. Eins ist klar: Mit scharfkantigen, metallischen Gegenständen den Staub zu entfernen, verbietet sich von selbst. Der Rest ist Ansichts- und Erfahrungssache. Die berührungsfreie Variante per statisch geladenem Nylonpinsel hat in meiner Reinigungs-Praxis nie sonderlich gute Resultate erzielt. Schon deswegen musste ich eine andere Technik finden, den Schmutz loszuwerden. Doch bevor man den Staub nachhaltig abreibt, sollte man ihn erst einmal genau lokalisieren. Dabei hilft eine unscharf fokussierte Aufnahme vor hellgrauem Hintergrund vor und nach dem Reinigungsvorgang. Wenn das nicht genügt, bringt ein Blick auf den Sensor selbst definitive Klarheit, wo genau sich der Staub befindet.
Leicas R9-Digiback zeigt eine vorbildliche Lösung. Hier zieht man die Kamerarückwand ab und wischt einfach mit einem Spezialtuch den besonders vergüteten Sensor ab. Alle anderen DSLRs haben den Sensor ohne Spezialvergütung und fest verbaut hinter dem Spiegelkasten, dort wo es am dunkelsten ist. Noch sind die Kameragehäuse nicht mit einer Reinigungsleuchte versehen, so dass man hier selbst nachhelfen muss. Gute Dienste leistet hier eine Mischung aus Lupe und Leuchte wie die Sensor Loupe von Visible Dust. Die Liste der Werkzeuge reicht vom in ein Brillenputztuch gehüllten Plastikeislöffel über in Isopropanol getauchte Ohrreiniger bis hin zu exakt sensorgroßen Swaps, die mit teurer Reinigungsflüssigkeit getränkt werden. Letztere leisten vorbildliche Dienste, kosten auf Dauer aber auch eine Menge Geld, wenn man sich an die Packungsbeilage hält und sie nur einmal verwendet. Mehrfach genutzt und mit hochreinem Methyl­alkohol aus der Apotheke betrieben, bleiben die Kosten im Rahmen und der Komfort sowie die Reinigungsqualität relativ hoch. 
Apropos Komfort: Inzwischen werden viele Kameras ja auch mit einer automatischen Sensorreinigung angeboten und damit sollte sich das Problem eigentlich erledigt haben. Hat es auch, sofern man Besitzer einer Olympus ist, die den Staub mit Ultraschall vom Sensor entfernt. Alle anderen schütteln einfach nur den Sensor hin und her, bis der Staub herunterfällt. Das hilft natürlich nur, solange der Staub es sich gerade erst bequem gemacht hat, nicht aber, wenn er mit Wasser vollgesogen hartnäckig am Sensor klebt. Dann muss man auch wieder selbst Hand anlegen. Munter bleiben!

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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