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Ist Handy das bessere Polaroid?

Wir haben uns eine 5-Euro-?­Hipstamatic? gekauft, um (wieder) zu ­lernen, dass die ­technische Bildqualität nur eins von ­vielen ­Parametern für interessante Fotos ist.

Für mein iPhone gibt es ein wundervolles Stück Software namens ?Hipstamatic? zum unschlagbar günstigen Grundpreis von 1,59 Euro. Dieses kleine Programm verwandelt das Mobiltelefon in eine waschechte Toy-Camera, bei der man Objektive wechseln, Filme einlegen und ein virtuelles Blitzgerät vor dem Auslösen einschalten kann. Wer mehr als die Grundausstattung braucht, erwirbt zusätzliche Module wie Schwarzweißfilme, farbige Gelscheiben für den Blitz oder andere Linsen für jeweils 79 Cent. Die Parametersteuerung per Modul wirkt sich auf die Farbigkeit und die Randgestaltung des Ergebnisses aus.
Der Sucher ist wie das spätere Bildformat quadratisch, sehr klein und mit künstlichen Reflexen belegt. Man achtet eigentlich nur darauf, was alles aufs Bild kommt und arrangiert das Motiv entsprechend grob. Der Rest bleibt dem Zufall überlassen. Bei maximaler Bildqualität dauert die Verarbeitung zwischen den einzelnen Aufnahmen zehn bis zwanzig Sekunden und noch einmal solange, bis das Bild auch ?entwickelt? und damit optisch überprüfbar ist. Als Folge der gefühlt endlosen Warterei geht man überlegter als sonst ans Motiv heran und schaut die Bilder meist zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt an. Na, kommt Ihnen das bekannt vor? Klingt irgendwie wie fotografieren früher, nur etwas anders.

Mehr zur Fotografie mit der Hipstamatic, wie man sie auf Reisen oder in der Porträtfotografie einsetzt, und vor allem wie man in Photoshop Handybilder einfach optimiert, lesen Sie in der aktuellen DOCMA 37 ab Seite 96.
Auf Motivsuche
Was fotografiert man denn nun mit einer so schlechten und langsamen Kamera?
Als immer wieder erquickend erweist sich das alte Spiel mit der Abstraktion: Strukturen, Ausschnitte, Farben und Formen suchen ? halt so ein bisschen in den Fußstapfen Harald Mantes und Franco Fontanas durch den Alltag wandeln. Da kommt es auch nicht so sehr auf die Feinheiten an.
Wenn Sie unter Menschen sind, macht Sie das Handy als Fotograf übrigens fast unsichtbar. Während eine große Kamera die Neugier und/oder den Argwohn der Passanten erregt, nimmt Sie als Handy-Knipser niemand ernst. Sie können also ungestört zu Werke gehen. Als weiterer Vorzug dieser Art zu fotografieren erweist sich die Portabilität des Mobiltelefons: Es ist im Gegensatz zu einer Spiegelreflex zum In-der-Hosentasche-herumtragen gemacht und aus diesem Grund immer dabei. Man muss nur noch daran denken, es auch zu benutzen.

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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